Eine meiner liebsten Kameras ist die Zenza Bronica ETRSi. Ein klobiger, schwerer Würfel der Kategorie “Einäugige Rollfilm-Spiegelreflexkamera”, aber die Bilder, die sie in 4,5x6cm produziert, sind reizend. Sie enthalten viel mehr Details im Vergleich zum Kleinbildformat, und das “Bokeh” verläuft beim Mittelformat weicher. Man bemerkt also eine geringere Schärfentiefe und gleichzeitig mehr Struktur in den Unschärfebereichen. Dieser “Mittelformat-Look” ist dadurch begründet, dass sich am Objektiv durch die größere Abbildungsfläche eine längere Brennweite ergibt, wie auch bei gleicher Blendenzahl eine absolut größere Blendenöffnung. Im Vergleich zum Kleinbild wird also ein Objekt bei gleicher Entfernung, Brennweite und Blendenzahl mit einer geringeren Schärfentiefe abgebildet. Und das Beste überhaupt beim Fotografieren mit der Bronica sind ihre Haptik und der Sound, den der gewaltige Auslöser von sich gibt, nachdem man das Bild von oben schauend spiegelbildlich im Lichtschacht auf der großen Mattscheibe komponiert hat.
Zenza Bronica war ursprünglich die Marke für Mittelformatkameras des japanisches Familienunternehmen Bronica, das bis zum Jahr 2005 Kameras angeboten hat, aber schon im Jahr 1995 im Unternehmen des Objektivherstellers Tamron aufging. Zu den bekanntesten Kameras gehören die Baureihe ETR (ETRS, ETRSi) für das 4,5x6 cm Format, die Baureihe SQ (SQ-A, SQ-Ai, SQ-B) für das quadratische 6x6cm Format sowie die Baureihe GS (GS-1) für 6x7cm. Bronicas wurden aufgrund ihrer Einfachheit und des für professionelle Mittelformatkameras relativ niedrigen Einstiegspreises damals auch als “Hasselblad für den einfachen Mann” bezeichnet.
Alle Modelle sind Systemkameras, d.h. sind Würfel (Bodies), die nur aus Spiegel, dem Bajonett und der Verschlusssteuerung bestehen. Und Adaptern für Objektiv, Sucher (Lichtschacht oder Prismensucher) und einem auswechselbaren Film-Magazin. Das bedeutet, dass man die Magazine durch einen Schieber (“dark slide”) lichtdicht verschließen und wechseln kann, auch wenn der darin eingespannte Film noch nicht vollständig belichtet ist. Der Bildzähler befindet sich am Magazin. Somit lässt sich beispielsweise bei einem Shooting zwischen Schwarz-Weiß- und Farbfilm wechseln. Die ETRSi kann auf einem 120er Rollfilm sechzehn Bilder im 2:3-Format belichten. Die 120er Rollfilme sind für die gängigsten Filmtypen sowohl beim Fachhändler als auch im Internet gut erhältlich. Für Farbe nutze ich den Portra 400, für monochrome Bilder den HP5 von Ilford.
Bronica begann den Bau der ETR-Serie 1976. Das verbesserte Nachfolgemodell ETRS kam 1979 auf den Markt und wurde bis 1989 gebaut. Die ETRSi von 1989 bis 2004. Gegenüber den Vorgängermodellen besitzt die ETRSi als Schlusslicht der Serie eine Spiegelvorauslösung, eine Bulb-Einstellung am Verschluss und - in Kombination mit dem AE-III-Prismensucher - eine TTL-Blitzmessung.
Die zur Kamera dazugehörigen Wechselobjektive heißen Zenzanon und gehören zum Besten, was es in der MF-Szene für Geld zu kaufen gibt. Ihr Zentralverschluss wird vom Gehäuse aus elektronisch gesteuert. Bei leerer Batterie wird die Verschlusszeit automatisch auf 1/500s eingestellt. Ich selbst nutze die Objektive Zenzanon EII 75mm 2.8f für Portraits, PE 40mm 4f für Landschaften sowie das PE 50mm 2.8f für alles andere.
Technische Daten
Filmformat: Rollfilm, Länge ist Filmmagazin-spezifisch. Es gibt Magazine für die Typen 120 und 220. Ich selbst nutze Typ 120.
Objektive: in der Standardausführung ein mehrfachvergütetes Zenzanon-PE 75mm f/2.8-Objektiv, Bronica ETR-Bajonett mit Blende f/2.8 bis f/22. Darüber hinaus gibt es weitere Festbrennweiten von Zenzanon, bspw. 40mm und 50mm.
ISO Einstellungen: ISO 25 bis ISO 6400.
Verschluss: Seiko- Zentralverschluss, Verschlusszeiten B, 8 bis 1/500s.
Belichtungsmessung: kann mit entsprechendem Zubehör benutzt werden (AE-III Prismensucher).
Sucher: Lichtschachtsucher oder Prismensucher.
Blitz: PC
Filmtransport Aufklappbare Rückwand. Schnelltransporthebel. Rückspulkurbel.
Stromversorgung: 6V PX28A oder 4LR44
Gewicht: 480g (nur Gehäuse), 1285g (Gehäuse mit 75mm-Objektiv, Filmmagazin und Lichtschachtsucher)